Bereits seit 1988 existieren verbindliche internationale Regelungen, die die Kreditvergabe der Banken an ein ausreichendes Eigenkapital binden.

In diesem ersten Baseler Akkord (Basel I) – benannt nach dem Sitz des internationalen Komitees von Zentralbankgouverneuren und Bankaufsichtsbehörden aus mittlerweile 27 Länden, dem Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht – wurde festgelegt, dass Kredite an Unternehmen mit 8 % Eigenkapital zu unterlegen sind. Dies dient einerseits der Geschäftsbegrenzung der Banken und sollte andererseits sicherstellen, dass die Bank über ausreichend eigene Mittel verfügt, die Verluste übernehmen können.

Mit dem Abkommen von 2004 – Basel II – wurde das System der Eigenkapitalunterlegung überarbeitet. Wesentliche Änderung war, Kredite künftig stärker risikoorientiert zu betrachten: Kredite an Unternehmen mit schlechterer Bonität sollten mit mehr Eigenkapital, Kredite an Unternehmen mit besserer Bonität mit weniger Eigenkapital unterlegt werden. Basel II gilt seit Anfang 2008 in Deutschland.

Als eine der wichtigen Lehren aus der Finanzmarktkrise wird jetzt – knapp drei Jahre nach Inkrafttreten von Basel II – das Thema „Eigenkapital“ erneut diskutiert. Die Krise hat gezeigt, dass einerseits das Bankensystem insgesamt zu wenig Eigenkapital vorgehalten hatte und andererseits die Qualität des Eigenkapitals nicht durchgehend den Erfordernissen genügte. Genau hier setzt die derzeit in der Diskussion befindliche Übereinkunft Basel III an.

Mit den Beschlüssen des G20-Gipfels von Seoul ist ein weiterer Meilenstein der Beratungen um die Überarbeitung der Eigenkapitalvorschriften erreicht. Jetzt muss der Baseler Ausschuss bis zum Jahresende 2010 die noch offenen technischen Fragen klären. Parallel wird die Europäische Kommission mit der Überarbeitung der relevanten Richtlinien (englisch: Capital Requirement Directives oder im gebräuchlichen Fachterminus „CRD“) beginnen. Der Änderungsvorschlag der Kommission, der an den vorhandenen Richtlinien ansetzt, soll dann im März 2011 vorliegen und muss bis Anfang 2013 in nationales Recht umgesetzt werden. Der Text wird im Übrigen „CRD IV“ heißen. Basel II wurden in der Änderungsrichtlinie „CRD I“, kleinere redaktionelle Adjustierungen noch vor der Finanzmarktkrise in der „CRD II“ und erste Konsequenzen aus der Finanzmarktkrise, u. a. mit verschärften Eigenkapitalvorschriften zum Eigenhandel der Banken und zu Verbriefungen, in der „CRD III“ beschlossen.

Was regelt Basel III neu?
Basel II fordert heute, Kredite – risikogewichtet – mit 8 % Eigenkapital zu unterlegen. Basel III wird hier – schrittweise beginnend im Jahre 2013 – erhebliche Verschärfungen verlangen: Das harte Kernkapital – beispielsweise Grundkapital und Rücklagen bei der Aktiengesellschaft oder die Sicherheitsrücklage bei Sparkassen – muss im Jahre 2019 mindestens 7 % (vorher 2 %) der risikogewichteten Anlagen (Aktiva) betragen, das weitere Kernkapital 1,5 % (vorher 2 %) und das Ergänzungskapital nur noch 2 % (vorher 4 %) betragen. Insgesamt steigt die Kapitalquote – bei erheblicher qualitativer Verstärkung – auf mindestens 10,5 %. Hinzu kommt ein antizyklischer Kapitalpuffer, den die nationale Bankenaufsicht in einer Schwankungsbreite von 0 bis 2,5 % festlegt.

Zweiter wichtiger Bestandteil der Regelungen ist eine Verschuldensgrenze: Unabhängig von der Frage, wie risikobehaftet Kredite oder Wertpapiere sind, die die Bank hält, darf die Gesamtbilanzsumme zuzüglich außer-bilanzieller Geschäfte der Bank ab dem Jahre 2018 nur noch das 33fache des Eigenkapital betragen. Heute gibt es eine solche – mechanische, nicht risikoorientierte und methodisch eher altertümliche – Vorschrift für europäische Banken nicht. Problematisch könnte dies zum Beispiel für alle Formen von Garantien und für margenarme, aber volumenstarke Geschäfte wie die staatlich gesicherte Exportfinanzierung werden. In den USA hat diese sog. Leverage Ratio im Übrigen die Finanzmarktkrise auch nicht verhindern können.

Als dritten wichtigen Teil wird Basel III Liquiditätsvorschriften einführen: Ab 2015 ist zunächst die sog. Liquidity Coverage Ratio einzuhalten. Sie bestimmt, dass kurzfristige, innerhalb der nächsten 30 Tage fällige Zahlungsverpflichtungen der Bank durch das Vorhalten liquider Vermögenswerte – insbesondere Bargeld, Zentralbankguthaben und Staatspapiere – zu sichern sind. Ab 2018 kommt noch die sog. Net Stable Funding Ratio hinzu, die die Fristentransformation der Banken einschränken wird. Als Fristentransformation bezeichnet man die volkswirtschaftliche Funktion von Banken, kurzfristige Einlagen teilweise auch als langfristige Kredite auszuleihen.

Welche Auswirkungen hat Basel III für die Banken?
Basel III wird die Banken vor erhebliche Anstrengungen stellen: Die Liquiditätsvorschriften zwingen die Banken in liquidere und damit weniger ertragsstarke Anlagen, und die Beschränkung der Fristentransformation verteuert die eigene Finanzierung der Banken. Die Banken müssen mehr und qualitativ hochwertigeres Eigenkapital vorhalten und verzinsen. Die Leverage Ratio kann zudem die Geschäftsmöglichkeiten begrenzen.

Die privaten Banken werden die Anforderungen von Basel III aufgrund tragfähiger Geschäftsmodelle erfüllen können. Wichtig ist, dass – wie jetzt auf dem G20-Gipfel noch einmal bekräftig – Basel III tatsächlich weltweit identisch und zum gleichen Zeitpunkt eingeführt wird. Auch die USA müssen sich – anders als bei Basel II – an die neuen Regeln halten. Sonst droht den europäischen Banken ein erheblicher Wettbewerbsnachteil.

Insgesamt gilt: Banken müssen in Zukunft noch stärker auf risikogerechte Zinsen für Kredite achten. Sie werden versuchen müssen, die sich abzeichnenden Kostensteigerungen durch die erhöhte Eigenkapitalunterlegung und die verteuerte Refinanzierung weiterzugeben. In welchem Maße das gelingt, hängt stark vom Wettbewerb ab. Unmittelbar nach der Krise sind die Margen – risikobedingt – leicht gestiegen sind; die jüngsten Entwicklungen zeigen eher wieder in die Richtung nicht auskömmlicher Margen.

Welche Änderungen ergeben sich für den Mittelstand?
Auch die mittelständischen Kunden werden sich anpassen müssen. Da die Eigenkapitalunterlegung stark vom Risiko des Kredits abhängig ist, ist die Senkung des Kreditrisikos eine weitere Strategie der Banken. Für die Unternehmen kann das bedeuten, dass Banken künftig noch mehr Sicherheiten oder eine bessere Eigenkapitalausstattung vom Unternehmen fordern werden.

Eine weitere Anpassung könnte sich bei den Kreditlinien ergeben, die bereits heute – je nach Ausgestaltung – mit Eigenkapital zu unterlegen sind. Hier ist denkbar, die Zusagen stärker an der Ausnutzung zu orientieren oder für nicht gezogene Linien höhere Bereitstellungsentgelte zu verlangen. Die Einschränkung des Kreditvolumens ist per se keine sinnvolle Strategie, denn mit weniger Geschäft kann man keine höheren Erträge erzielen. Sie wird aber – bis hin zum Rückzug aus dem Kreditgeschäft – für jedes Kreditinstitut eine Option bleiben, wenn sich keine nachhaltigen, dauerhaft auskömmlichen Zinsen im Kreditgeschäft erzielen lassen.

All diese Anpassungen werden sich schrittweise vollziehen, jede einzelne für sich genommen vielleicht weniger auffallen und für Kunden und Banken beherrschbar bleiben. Problematisch aber ist, dass Basel III nicht die einzige Änderung sein wird. So werden allein die ab 2011 zu zahlende Bankenabgabe, die diskutierten Finanzmarktsteuern und die derzeit in der Beratung befindliche Überarbeitung der Einlagensicherungsrichtlinie die Banken mit Milliarden belasten und möglicherweise sogar überlasten – mit allen negativen Folgen für die Kreditvergabemöglichkeiten. Um die Auswirkungen all dieser derzeit in der Diskussion befindlichen Veränderungen der Bankenregulierung verlässlich abschätzen zu können, sollte die Europäische Kommission eine umfassende Auswirkungsstudie beauftragen, die neben Basel III zum Beispiel auch die geplanten Abgaben und Steuern oder die geplante, neue Einlagensicherungsrichtlinie in den Blick nimmt. Klar ist aber schon heute: Das Bankgeschäft und insbesondere das Kreditgeschäft stehen aber vor einem weiteren Umbruch. Banking 2020 wird sich vom Geschäft im Jahre 2010 deutlich unterscheiden.

Quelle:BDB